Wein aus Sachsen

Wein aus Sachsen

„Eine Rarität“, so wirbt das Anbaugebiet für seine Weine. In der Tat: das Gebiet ist klein, die Mengen sind niedrig. Das meiste wird zudem im Lande selbst getrunken. Leider, wie man angesichts der Qualität feststellen muss.

 

Tief im Osten: Sachsen

Sachsen ist das östlichste aller deutschen Weinbaugebiete. Mit 509 Hektar Anbaufläche (Stand 2021) ist es gerade einmal um 55 Hektar kleiner als die Ahr. Und auch die Zahlen mit dem Weiß-/Rotweinverhältnis sind identisch: 81 zu 19 Prozent. Nur mit dem Unterschied, dass westlich des Rheins die Weingärten zu 81 Prozent mit roten gegenüber 19 Prozent Rebsorten weißen bestockt sind, während es im Tal der Elbe genau umgekehrt aussieht. Riesling, Müller-Thurgau, Weiß- und Grauburgunder besetzen hier die ersten vier Positionen der Anbaustatistik.

1.000 Jahre wechselvolle Geschichte

Genau wie das zweite Weinbaugebiet auf ehemaligem DDR-Staatsgebiet, kann auch Sachsen auf eine rund tausendjährige Weinbaugeschichte verweisen. Die ersten Urkunden für Weinbau an der Elbe datieren, ähnlich wie beim direkten westlichen Nachbarn Saale-Unstrut, um die erste Jahrtausendwende. Zum Höhepunkt des Weinbaus in Sachsen im 17. Jahrhundert waren dann entlang der Elbe rund fünf- bis sechstausend Hektar mit Reben bepflanzt.

Kriege, Hungersnöte und – genau wie an Saale und Unstrut – Plagen wie Mehltau und Reblaus sorgten dann in den folgenden Jahrhunderten für den Niedergang der einst blühenden Weinlandschaft. Was zu Mitte des 20. Jahrhunderts noch übrig war, fiel schließlich nahezu vollständig sozialistischer Planwirtschaft zum Opfer. Zum Ende der DDR waren es dann gerade noch 200 Hektar, auf denen in Sachsen Wein angebaut wurde.

Auferstanden aus Ruinen

Erst mit der Wiedervereinigung kam die entscheidende Trendwende. Seitdem wächst die Anbaufläche wieder – langsam, aber stetig. Für das Jahr 2021 weist die Statistik erstmals eine Fläche von über 500 Hektar aus. Dieses Wachstum ist ganz entscheidend auch der deutlichen Qualitätsverbesserung zu verdanken, die mit der Wende und der Gründung privater Weingüter einherging. Heute hat der Weinbauverband Sachsen immerhin 42 Mitglieder. Drei sächsische Betriebe fanden gar Aufnahme in den Verband Deutscher Prädikatsweingüter, kurz VDP. Dass Privatwirtschaft in größerem Umfang lange Zeit nicht erwünscht war, erkennt man aber noch heute: 96 % der 1.800 aktiven Winzer in Sachsen sind Klein- und Nebenerwerbsbetriebe mit Rebflächen von weniger als 0,2 Hektar.

Wobei „in Sachsen“ an dieser Stelle nicht hundertprozentig wörtlich zu verstehen ist, denn einige kleinere Flächen des Weinbaugebiets Sachsen liegen außerhalb des Bundeslands Sachsen, namentlich auf dem Gebiet Sachsen-Anhalts und in Brandenburgs.

Gegliedert ist das Weinbaugebiet in insgesamt drei Teile:

  • Kern und Herzstück des sächsischen Weinbaus ist der Bereich Meißen, der vier Großlagen umfasst.

  • Der zweite Bereich ist die deutlich weiter nördlich gelegene Wein-Enklave entlang des Elbe-Nebenflusses Schwarze Elster, der Bereich Elstertal. Hier gibt es keine Großlagen, stattdessen drei Einzellagen und hier finden sich auch die nicht auf sächsischem Gebiet liegenden Flächen.

  • Eine Besonderheit ist schließlich noch die bereichsfreie Einzellage Ostritzer Klosterberg. Sie liegt im Tal der Lausitzer Neiße, am Kloster Marienthal bei Görlitz in direkter Nähe zur polnischen Grenze und ist Deutschlands am weitesten östlich gelegene Weinbaufläche.

  • Die Böden entlang des Elbetals sind vielfältig: Von Granit und Granitporphyrverwitterungen, über Lehm- und Lössböden, bis hin zu Sandstein reicht die Spanne.

Cool Climate aus dem Osten

Das Klima in Sachsen ist deutlich kontinental geprägt. Und das bedeutet warme, oft heiße Sommer – aber ebenso kalte, teils eisige Winter. Durchschnittlich 1.600 jährliche Sonnenstunden sorgen für wenig Probleme bei der Reife. Allerdings nur, wenn der Frost keinen Strich durch die Rechnung macht. Der ist hier gleiche eine doppelte Bedrohung: Sowohl als Spätfrost für die einjährigen Triebe und damit den jeweilig aktuell wachsenden Jahrgang, aber auch durch besonders bittere Winterfröste als Erfrierungsgefahr für die gesamte Rebe.
Große Temperaturunterschiede herrschen in der Region aber auch zwischen Tag und Nacht. Im Gegensatz zur Winterkälte ist diese nächtliche Kühle allerdings hoch willkommen, denn sie sorgt für gute Säurewerte im Most und Aromenreichtum – und damit für die Frische und Eleganz, die die Weine aus Sachsen auszeichnen.

Eine Rebsorte als AlleinstellungsmerkmalEine Besonderheit in der Reihe der Rebsorten in Sachsen ist der Goldriesling, der hier auf immerhin 28 Hektar angebaut wird. Bei der Rebsorte, die auch unter dem Namen Franzosentraube oder – wegen ihres charakteristischen dezenten Muskattons – als Goldmuskat bekannt ist, handelt es sich um eine ältere Neuzüchtung von 1893 aus dem Elsass. Mütterlicher Elternteil ist der Riesling, der väterliche Part ist nicht eindeutig geklärt. Nachdem der Goldriesling in seiner Ursprungsregion so gut wie nicht mehr anzutreffen ist, hat die Exoten-Rebsorte in Sachsen eine Zuflucht als regionale Spezialität gefunden. Einige Produzenten keltern aus ihr hochinteressante und bemerkenswert feine Weine.